Stuttgart – Die Musik am DJ-Pult mixt Leif Müller, der Sohn des ehemaligen VfB-Stars Hansi Müller. Irgendwas mit Sport, so scheint es, hat jeder zu tun, der an diesem Abend im Caleido, dem vor vier Jahren eröffneten Geschäfts- und Therapiekomplex an der Paulinenbrücke, mit dem Aufzug zum wohltätigen Feiern in eine Praxis in den sechsten Stock fährt. Der Gastgeber Gabriel Dabbagh, einst Physiotherapeut der Stuttgarter Kickers, hat viele Freunde in der Sportszene.
Einer davon ist Daniel Engelbrecht, der erste Fußballprofi, der mit eingepflanztem Defibrillator spielte. Seine Leidensgeschichte ging um die Welt. Als er 2013 auf dem Platz nach einem Herzstillstand zusammenbrach, hat Dabbagh ihn gerettet, indem er sofort zu ihm rannte und wusste, was zu tun ist. So was schweißt zusammen. Heute sind sie wirklich beste Freunde.
Beim Charity-Event, bei dem Nachtfotografien aus Stuttgart von Professor Robert Göötz für den Verein „Frauen helfen helfen“ versteigert werden (der Erlös beträgt 25 000 Euro), spricht Engelbrecht über den Dächern von Stuttgart von Ängsten, plötzlich zu nah am Himmel zu sein. Die Antworten auf die einfühlsamen Fragen von Jens Zimmermann, dem früheren Kickers-Geschäftsführer, gehen unter die Haut. Wenn du jung bist, scheint alles unkompliziert zu sein – doch dann verweigert sich der Körper, deine Welt gerät aus den Fugen, und du siehst alles mit neuen Augen.
Eindringlich warnt Engelbrecht: „Wenn man erkältet ist, sollte man niemals zur Arbeit gehen!“ Er habe gedacht, immer Leistung bringen zu müssen. Mit Husten ging er ins Training. Eine verschleppte Grippe löste bei ihm eine Herzmuskelentzündung aus – vier Operationen waren nötig. Heute spricht er ziemlich weise für einen jungen Mann mit 27 Jahren. Nicht nur das eigene Glück sollte man im Visier haben, kann man von ihm lernen, und nicht immer nur um sich selbst kreisen.
Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi sieht es ebenso. „Ich hatte eine schwere Kindheit“, sagt er. Für Kinder in Brasilien engagiert er sich nun. Der 36-Jährige freut sich auf Russland, wo ihn die ARD bei der Fußball-WM einsetzen werde, um vor allem über das Leben in dem Land zu sprechen, in dem er fünf Jahre als Profi gespielt hat. Der Sender wollte dies am Freitag (noch?) nicht bestätigen.
Stuttgart und Moskau sind sich ähnlicher, als man denkt. „In der russischen Hauptstadt kann es sein“, sagt der heutige Spielerberater, „dass du im Stau für 15 Kilometer drei Stunden brauchst.“ Den Stillstand kennt er aus seiner schwäbischen Heimat. Beim Blick auf die Stadt von den Räumen seines Kumpels Gabriel entfährt es ihm: „Ach, ist das herrlich hier!“
Bei der Fußball-WM hofft er, na klar, auf Deutschland. Obwohl? Als halber Brasilianer habe er nix dagegen, wenn Brasilien gewinnt. Und dann ist da noch Panama, wo seine Mutter geboren ist. Der WM-Debütant Panama werde eine leidenschaftliche Mannschaft stellen – auch auf die hofft er.
Irgendwas mit Sport hat hier wohl jeder zu tun (außerdem gesehen: Handball-Star Anna Loerper, Kickers-Legende Enzo Marchese, Skicross-Weltcup-Sieger Daniel Bohnacker). Bei Gin-Produzent und Radiomoderator Alexander „Sandy“ Franke ist die Freundin seine sportliche Verbindung – die Fechterin Monika Sozanska. Seit sein Ginstr Gold holte, raten ihm viele, den Preis zu erhöhen. Das will Franke nicht tun, wie er bei der Sportlerparty sagt, weil dies „einen Shitstorm“ im Internet nach sich ziehe. Kommt es nur aufs Reichwerden an? Das Charity-Event mit nachdenklichen Worten von Sportlern weist in eine andere Richtung. Etliche Gäste haben an diesem Abend begriffen: Das eigene Wohlbefinden steigert sich, wenn man anderen hilft.
© Stuttgarter Zeitung, Ausgabe vom 14. April 2018, S. 26
Leave a Reply
Please do leave a comment.